Unsere Stars – Teil 2
Wer waren oder sind die Stars unserer Musiker*innen? Isaac Duarte, Andreas Berger und Andrea Wennberg verraten ihre Favoriten.
Isaac Duarte, Stv. Solo-Oboe
«Schon als Jugendlicher bin ich der Oboe verfallen. Damals war Lothar Koch mein Idol, der Solist bei den Berliner Philharmonikern unter Herbert von Karajan. Auch der Pianist Arthur Rubinstein und der Komponist, Cellist und Gitarrist Heitor Villa-Lobos begeisterten mich. Der wunderbare Klang ihrer Instrumente war für mich das Maximum, ihre Interpretationen liessen mich schwelgen. Noch heute, wenn ich Villa-Lobos höre, rieche ich meine Heimat Brasilien. Das ist seltsam und berührend zugleich.
Als ich älter wurde, habe ich noch viele weitere andere Stars entdeckt: Die Pianisten Dinu Lipatti und Emil Gilels zum Beispiel, den Geiger David Oistrach oder den Tenor Hermann Prey. Und dann natürlich die legendäre Maria Callas: Sie war grossartig, authentisch, unglaublich inspirierend – eine urmusikalische Sängerin mit einer unvergesslichen Stimme.
Die Stars, die mich heute beeindrucken, sind für mich allerdings anders als jene, die mich in der Jugend faszinierten. Mit wachsender Lebenserfahrung wählt man seine Idole gezielter aus, man analysiert mehr, vielleicht manchmal fast zu viel. Als junger Mensch begeistert man sich viel spontaner.»
—
Andreas Berger, Solo-Schlagzeug
«Mein erstes Idol war Billy Cobham, ich habe seinen Namen auf meine Jeansjacke genäht und ein Bild von ihm auf mein Schlagzeug geklebt. Da war ich vielleicht sieben oder acht Jahre alt. Seine Spielweise faszinierte mich – er spielt ‹openhand›, also mit offener Handhaltung, nicht über Kreuz wie üblich. In den 1970er-Jahren war er DER Vertreter dieser Technik, mit der man deutlich mehr klangliche Gestaltungsmöglichkeiten hat, und setzte neue Massstäbe im Jazz-Rock. Cobham lebte schon damals in der Schweiz, aber persönlich getroffen habe ich ihn erst später, als ich auf der Frankfurter Musikmesse am Stand von Sabian arbeitete: Ich zeigte ihm dort die aktuellsten Becken. Er war sehr muskulös, und es war der Hammer, ihn zu sehen und zu beraten.
Ausser ihm begeisterten mich Bands wie Emerson, Lake and Palmer, ihre Verbindung von Klassik und Rock war einzigartig. Sie arrangierten zum Beispiel die «Bilder einer Ausstellung» – eine geniale Umsetzung. Carl Palmer hat ja einst klassische Musik studiert, das hört man sofort.
Als Kind habe ich nie verstanden, dass die Realität dieser Stars eine andere ist als das Bild, das man von ihnen hat. Heute stehe ich selbst auf der Bühne und kenne den Unterschied zwischen dem Auftritt vor Publikum und dem Privatleben. Ich spiele jeden Abend mit Stars, und damit meine ich nicht nur die Dirigenten und Solisten, sondern auch die Orchesterkollegen von den ersten Pulten bis zu den Tuttis und die Stage Crew. Sie alle sind Spitzenkräfte auf ihren Gebieten. Ich lebe wirklich eine grossartige Geschichte.»
—
Andrea Wennberg, Viola
«Ich war schon als Teenager ein Fan von Jacqueline du Pré. Damals sah ich ein Video von ihr, sie spielte Elgars Cellokonzert unter der Leitung von Daniel Barenboim – diese Aufnahme lässt mich bis heute nicht los. Sie war ein unglaubliches Talent, und ich war und bin nach wie vor zutiefst fasziniert und inspiriert von ihrem Ausdruck und ihrer Hingabe, von ihrer totalen Verschmelzung mit der Musik und ihrem warmen Celloklang. Wenn sie spielt, hat man das Gefühl, es gebe nichts Schöneres auf der Welt, oder mehr noch: nichts anderes. Wer weiss, ob ich mich ohne sie für diesen Beruf entschieden hätte? Dass sie zu einer so bedeutenden Figur wurde, hat sicher auch mit ihrer tragischen Geschichte zu tun. Mit 26 Jahren spürte sie ihre Finger nicht mehr richtig, mit 28 erhielt sie die Diagnose Multiple Sklerose. Sehr bald konnte sie nicht mehr auftreten, nur noch unterrichten. 1987 starb sie, mit 42 Jahren. Aber die Intensität ihres Spiels wird nie verblassen.
Eine solche absolute Musikalität und Präsenz beeindruckt mich auch bei Menschen, denen ich im Orchester begegne. Bei den Solist*innen sind das zum Beispiel Janine Jansen, Lisa Batiashvili und Augustin Hadelich: Sie spielen ganz unterschiedlich, doch es gibt bei ihnen allen auf der Bühne nichts ausser der Musik. Man spürt keine Aufregung, sie denken nicht an vorher oder nachher, sondern sind ganz im Moment, total zentriert.
Ausserhalb der Musik bewundere ich vor allem Schriftsteller. Hermann Hesse ist mein Lieblingsautor, auch Bernhard Schlink gehört zu meinen Favoriten. Ich liebe ihre Sprache. Und bei Schlink finde ich es interessant, dass er auch Jurist ist. Wie bringt er sein hoch emotionales Verhältnis zum Schreiben mit einem so analytischen Beruf zusammen? Für mich ist er der geborene Schriftsteller.»



