Mein Einsatz: Julia Becker
In Bachs Brandenburgischem Konzert Nr. 1 spielt Konzertmeisterin Julia Becker den solistischen Part. Sie erzählt uns über ihren Einsatz und wie sie mit Lampenfieber umgeht.
«Als ich gehört habe, dass mir der solistische Part in Bachs Brandenburgischem Konzert Nr. 1 zukommt, habe ich mich sehr gefreut. Es macht mir so viel Spass, in kleinen Besetzungen zu spielen. Nervös bin ich im Grunde nicht. Es ist einfacher für mich, ein Violinkonzert als Julia Becker zu spielen, als aus dem Orchester heraus solistisch zu sein. Man möchte es dann für alle besonders gut machen. Aber ich habe mir inzwischen einen Umgang mit Lampenfieber angeeignet. Einmal, vor 25 Jahren, hatte ich von null auf jetzt ein allererstes Mal Bogenzittern. Das war derart verunsichernd, dass ich erst dachte, ich muss die Geige an den Nagel hängen. Ich habe mich dann mit Meditationstechniken, mit Kinesiologie und allerhand anderem auseinandergesetzt, das hat geholfen.
Zuletzt richtig nervös war ich, als ich an der Beerdigung meines Vaters vor zwei Jahren gespielt habe. Ich wusste nicht, wie ich den Bogen auf die Saiten bekommen soll. Ich habe es mir abverlangt, meinem Vater und letztlich mir selbst zuliebe, um Abschied zu nehmen. Mein Vater war selbst Geiger und hat mich mit einer unendlichen Geduld unterrichtet und begleitet. Wir haben die ‹Erbarme Dich›-Arie aus der ‹Matthäus-Passion› gespielt, mein Bruder am Kontrabass, meine Schwester an der Orgel, und meine Tochter, Laiensängerin und mitten in Prüfungen ihres Medizinstudiums, hat gesungen. Das hat mich so sehr berührt, dass mir noch heute die Tränen kommen, wenn ich zurückdenke. Das gibt mir für alle künftigen heiklen Auftritte Kraft, wie wir das als Familie geschafft haben.»
Aufgezeichnet von Melanie Kollbrunner