Sponsoring

Gesucht: eine Marke

Was unterscheidet das Sponsoring im Sport und in der Kultur? Wo gibt es Gemeinsamkeiten? Und wo führt das alles hin? Ein Gedankenaustausch mit dem Marketing-Spezialisten Patrick Magyar.

Michaela Braun

Sponsoring ist ein diskretes Geschäft, im Sport wie in der Kultur: Niemand mag Zahlen verraten, die Vereinbarungen werden fern der Öffentlichkeit getroffen. Gleichzeitig suchen Sponsoren die öffentliche Aufmerksamkeit, sie wollen und müssen wahrgenommen werden.

Einer, der weiss, wie Sponsoring geht, ist Patrick Magyar. In seiner Karriere war er Gründungs-CEO der FIFA Marketing AG, Geschäftsführer des America’s Cup Siegerteams Alinghi, Meeting Director des weltbekannten Leichtathletik-Meetings «Weltklasse Zürich» und CEO der Leichtathletik-EM 2014 in Zürich. Heute berät er unter anderem junge Musiker*innen im Bereich Vermarktung.

Im Gespräch kommen wir bald einmal auf den Markenwert, der im Sponsoring nach wie vor eine zentrale Rolle spielt. Er ist wichtiger und populärer denn je zuvor. Jeder sollte zu einer Marke werden. Aber nicht jeder sieht sich als eine Marke.

Die Partnerschaft zwischen Veranstalter und Sponsor ist eng und dauert über Jahre.

Ein Produkt kann zu einer Marke werden, wenn es erfolgreich ist. Der Markenstatus ist eine Auszeichnung für ein Produkt, das es geschafft hat, im Wettbewerb zu bestehen. Der Weg dahin ist lange und harzig; es braucht Ausdauer und Innovationskraft, bis man zum Ziel kommt.

Der zentrale Faktor eines jeden Sponsorings ist für ein Unternehmen der Wert der Marke. Name und Logo müssen ausreichend bekannt sein und positive Assoziationen vermitteln, damit Sponsoring wirkungsvoll ist. Die Partnerschaft zwischen Veranstalter und Sponsor ist eng und dauert über Jahre. Profitieren tun beide Seiten davon. Das Sponsoring gehört für viele Firmen in der Schweiz zum integralen Bestandteil ihrer Marketing-Kommunikation. Eine nicht unwesentliche Menge des Kommunikationsbudgets fliesst in die Unterstützung des Sports. Dieser ist immer noch der grösste Nutzniesser, wenn es um finanzielle Unterstützung geht, gefolgt von der Kultur und gesellschaftlich orientierten Plattformen. Eine Ausrichtung hin zu Themen, die sich mit Nachhaltigkeit befassen, ist bemerkbar. Vor allem Stiftungen schauen da seit ein paar Jahren sehr genau hin. Und wie sieht es denn nun im Kultursponsoring aus?

Markenemotionalität

Sponsoring allgemein sei nach wie vor interessant für den Unterstützer, sagt Patrick Magyar. Veranstalter sind derzeit mehr denn je herausgefordert, sich neu zu erfinden, neue Wege zu gehen. Die Aufbereitung im Sport sei sicherlich anders als in der Kultur – in unserem Fall die klassische Musik. Und dennoch müssen sich beide an der Zielgruppe orientieren, damit diese einen entsprechenden Übertrag eines Images oder einer Markenemotionalität erfährt. «Es gibt eine Tendenz, dass man denkt, man könnte mit allem gleich gut Sponsoring betreiben», sagt Patrick Magyar. «Dabei stellt sich die Frage, ob ein Veranstalter bereit ist, sein Produkt so anzupassen, dass es für den Sponsor funktioniert und damit für die Zielgruppe auch künftig attraktiv bleibt.»

Beim Sport ist da eine gewisse Flexibilität auszumachen. Die Professionalisierung des Sport-Sponsorings hat dazu geführt, dass in den letzten Jahren viele neue Ansätze entstanden sind. Erkennt der Sponsor, dass seine Projekte und Veranstaltungen spannend aktiviert werden können, kommt dem Sponsoring eine noch bedeutendere Rolle zu.

Ein gelungenes Beispiel ist das Sportsponsoring der UBS in der Leichtathletik und die Entwicklung des UBS Kids Cup. Das Ziel war 2011 eindeutig vorgegeben: Mehr Kinder an die Leichtathletik heranzuführen, um den Nachwuchs aufzubauen. So ist die grösste Bewegungsplattform des Sports in der Schweiz entstanden. Hallen-Europameisterin Angelica Moser oder WM-Bronzemedaillengewinner Simon Ehammer sind nur zwei Aushängeschilder der «UBS Kids Cup Generation», die den Sprung vom Schweizer Final des UBS Kids Cup im Stadion Letzigrund zur Weltklasse geschafft haben und den Teilnehmenden im Alter von 7 bis 15 Jahren als Vorbilder dienen.

Aufbrechen von Strukturen

Die Kultur und insbesondere die klassische Musik hat da viel starrere Strukturen. Das war tendenziell immer schon so, denn das meiste, was auf der Bühne vorgetragen und gespielt wird, ist Dutzende bis Hunderte von Jahren alt. Das heutige Szenario allerdings müsste lauten: Publikum verjüngen und damit erneuern, andere Medien nutzen, andere Rahmenbedingungen schaffen et cetera. So sieht es Magyar: «Das, was auf der Bühne passiert, reicht nicht mehr aus. Keiner käme auf die Idee, heute in Stadien Holzbänke anzubieten.» Natürlich ein überzeichnetes Bild, aber nah an der Realität in einigen Institutionen. Manche Veranstalter der Hochkultur seien schon etwas aus der Zeit gefallen, findet er. Was auch einen Charme habe – aber einen, mit dem nur schwer Geld zu verdienen sei. Was also tun?

Dass die Antwort auf diese Frage keine einfache ist, zeigt das Beispiel des Logos. Logos auf dem Shirt eines Fussballers bedeuten Präsenz für den Sponsor. Der Ausrüster hat hier das Sagen. Vergleicht man das mit Konzerten der E-Musik, so sind Logos sehr dezent angebracht: Welche Dirigent*innen oder Solist*innen sind schon auffallend vermarktet? Wenn Ronaldo oder Federer morgen einen Schuh auf den Markt bringen, dann hat das einen Wert. Welches Produkt kann Paavo Järvi auf den Markt bringen? Seinen Dirigierstab? Seine Kleider? Wohl eher nicht.

Es geht darum, nach aussen zu treten und die Komfortzone zu verlassen.

Der Rahmen ist im Klassikbetrieb also eng gesteckt. Neben der CD, die heute hauptsächlich zu Vermarktungszwecken dient, mit der aber kein Geld mehr gemacht werden kann, bleibt da wenig übrig. Dirigent*innen oder Solist*innen, aber auch einem Orchester bleibt nur mehr der Weg, sich dem Publikum zu stellen, und zwar nicht nur auf der Bühne. Das Publikum kennt ihn/sie oder das Orchester, aber was ist mit dem Rest der Bevölkerung?

Ein Markenwert sei schwierig zu steigern, wenn niemand die Leute hinter der Marke kenne, sagt Magyar. Daher arbeiten schon einige Orchester damit, sich auf anderen Podien zu «verkaufen» – der Dirigent kann zum Beispiel in Podiumsdiskussionen darüber sprechen, wie ein Orchester funktioniert, damit es im Einklang spielt. Das hat mit dem eigentlichen Musizieren nichts zu tun, aber sehr wohl damit, dass man nach aussen tritt und die Komfortzone verlassen muss. «Das steigert die Bekanntheit und vermittelt ein anderes Bild der klassischen Musik», sagt Magyar. So gäbe es zahlreiche Möglichkeiten für eine weitere Vermarktung des Orchesters (so zum Beispiel unsere Video-Reihe «Tram for Two», die Zusammenarbeit mit lokalen Geschäften unter dem Motto «Im Zweiklang mit…» oder die Galerie- und Museumskonzerte unter dem Titel «classic meets art»). All das ist dann wiederum für Sponsoren interessant

Was bringt die Zukunft?

Auch im Sport gibt es Disziplinen, die für Sponsoren weniger attraktiv sind als Fussball, Tennis, Skirennen oder Eishockey. Es gibt «Randsportarten», in denen die Schweizer*innen sehr erfolgreich sind, ja gar zu den Besten weltweit gehören, und die sich schwertun, einen Sponsor zu finden.

Prinzipiell nutzt der Sport den Trend zur interaktiven und konzentrierten Aktivierung. Die Möglichkeiten der Digitalisierung helfen dabei. Der Sport profitiert auch von der Übertragung, sei es im nationalen Fernsehen oder beispielsweise auf einem Sender wie Sky. Dagegen gibt es nur ganz wenige private Kanäle, in denen klassische Konzerte übertragen werden. Das staatliche Fernsehen hat sich schon länger davon verabschiedet. Das bedeutet, einer Sportveranstaltung begegnet man eher daheim als einer Kulturveranstaltung. Gleiches gilt auch für die Berichterstattung in den Printmedien. Keine einfache Ausgangslage für Klassikanbieter.

Insgesamt sind die Summen für die Unterstützung durch Unternehmen lokal im Sport und in der Kultur kleiner geworden. Bei einer internationalen Unterstützung werden Topstars immer wichtiger und wertvoller. Lokale und nationale Veranstalter haben dabei dann wohl das Nachsehen. Eine bedenkliche Entwicklung, denn sie sind es, die die kulturelle und sportliche Vielfalt unserer Gemeinschaft am Leben erhalten.

Und was heisst das für die Veranstalter? In Form bleiben, neue Wege gehen, Hürden meistern. Denn da geschieht Wichtiges, das nicht übersehen werden soll.

veröffentlicht: 14.06.2024

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