Gemeinsam über den Tellerrand der Karriere lauschen
Wenn Paavo Järvi und unsere Musiker*innen sich die Bühne mit Spitzenkräften aus der Wirtschaft teilen, dann ist The Management Symphony zu Gast. Es geht ums Netzwerken, und es geht um die eine, grosse Leidenschaft: Die Musik.
«Auch nur ein Tag ohne Musik?», fragt Susanne Schmidt und schiebt die Antwort gleich hinterher: «verschenkt.» Sie ist Geschäftsführerin der Seleger Moor Stiftung in Rifferswil, gerade übt sie auf ihrer Geige Dvořák für den Auftritt mit dem Tonhalle-Orchester Zürich.
Alle sind sie sich einig: Klar, sei er dabei, wenn er Musik und berufliches Engagement miteinander verbinden könne, sagt auch Arne Wörn, und das mit derart tollen Musiker*innen aus allen möglichen Berufen. Seit Jahren arbeitet er im Kader der Novartis, das Cello hat er trotzdem nie aus den Augen verloren, seit er ein kleiner Junge war.
Auch Thilo Herrmannsdörfer, Director bei der Swiss Re, ist mit seiner Geige dabei: Er schätzt die Gelegenheit, vier Tage lang konzentriert und gut vorbereitet mit top Laienmusiker*innen zu musizieren und auf das eine gemeinsame Ziel hinzuarbeiten: Das Konzerterlebnis.
Für Georg Dickmann von der Sonova in Stäfa steht das Miteinander im Vordergrund: «Wo immer es mich beruflich hingezogen hat, habe ich als erstes ein Orchester gesucht», sagt er, die Bühne sei ein Lieblingsort, um Menschen aus verscheidenen Welten zu treffen. Er ist mit der Geige bei der Management Symphony dabei, sein Bruder mit der Klarinette.
Musik im Moor und Duo statt Bundeswehr
Susanne Schmidt wäre um ein Haar beruflich Geigerin geworden, sie erhielt mit 15 ein Stipendium, studierte an der Musikhochschule in Köln und stellte zur grossen Enttäuschung ihres Professors fest, dass die Musik zwar ein untrennbarer Teil von ihr ist, aber nicht alles, was sie begeisterte. Sie schob ein Studium der Betriebswirtschaft hinterher und arbeitete sich in der Pharmaindustrie nach oben, bis ein junger Chef sie für ersetzbar hielt und ihrem Leben eine neue Wendung gab. Heute verbindet sie Musik und Führung inmitten der Blütenpracht einer der wichtigsten Moorlandschaften der Region miteinander: Eine ihrer vielseitigen Aufgaben ist es, dort Konzerte zu veranstalten.
Auch Arne Wörn war kein gewöhnlicher Celloschüler: Er hatte vor Beginn seiner Wehrpflicht in Deutschland die Aufnahmeprüfung am Cello für das einzige Symphonieorchester der deutschen Bundeswehr bestanden. Dort während eines Jahres mitzuwirken und bei Staats-Empfängen Streichquartett zu spielen, das hätte ihm ganz sicher Freude bereitet. Leider wurde seine Einberufung wegen eines Sportunfalls um ein halbes Jahr verzögert. Als er bereit war, gab es die Orchesterstelle nicht mehr. Ein Tiefschlag und vielleicht ein Wendepunkt in seinem beruflichen Weg. Den Wehrdienst hat er dann verweigert, nie aber sein Cello: Er spielt heute Duo und Trio auf einem Niveau, dem der Begriff des Laienmusikers kaum mehr gerecht wird.
Mit Magie den Kopf geputzt
Thilo Herrmannsdörfer indessen las Noten bevor er Buchstaben lesen konnte und besuchte später Konzerte in einer benachbarten Garage, unter den Musiker*innen Mitglieder des Tonhalle-Orchesters, denen er begeistert zuhörte.
Er beobachtet lieber, als dass er sich ins Rampenlicht stellt. Von Thomas Gottschalk, der gleichenorts zur Schule ging, habe er zwar das Lateinbuch übernommen, bei der Schlagfertigkeit würde er aber gerne nochmal bei ihm in den Unterricht sitzen. Und wenn die Bühne stimmt, dann weicht er ihr nicht aus.
Studiert hat Thilo Herrmannsdörfer Physik, er sagt, er sei Vernunftsmensch. Ausser, wenn es ums Windsurfen geht, da bleibt er auch mal bei Windstärke acht, bis ihm die Finger bluten.
«Sowas wie Magie» hat Georg Dickmann für sich auf der Bühne entdeckt. Auch er sei nämlich der rationale Typ. «Wenn aber einer der ganz Grossen dirigiert», sagt er, dann sei plötzlich alles klar. Alles stimmig. Das kann er mit Worten nicht erklären. Vielleicht deshalb macht er nun schon zum vierten Mal bei der Management Symphony mit, er hat in anderen Jahren unter Lionel Bringuier, unter Jakub Hrůša und unter Michael Sanderling gespielt. «Vier Tage Musik machen, das reisst mich mehr aus meinem Berufsalltag als Ferien», man bekomme gründlich den Kopf durchgeputzt. «Musik», sagt Georg Dickmann, «ist ein eigenes Universum».