Vulkan am Klavier
Anton Gerzenberg wird sein Debüt in der Tonhalle Zürich geben, wenn sich am Sonntag anlässlich der Management Symphony wieder Wirtschaftskräfte mit Orchestermitgliedern auf unserer Bühne versammeln. Am Pult: Paavo Järvi.
Anton Gerzenberg ist als Sohn Russischer Juden in Deutschland geboren und aufgewachsen. Heute pendelt er zwischen Köln und Wien, wo er sich die Wohnung mit seinem Freund und neuerdings einer Ukrainerin teilt. Im Zoomfenster meldet sich ein junger Mann zu Wort, ruhig, überlegt und doch auf dem Sprung. Auf dem Sprung ins Flugzeug nach Singapur für ein Konzert, dann nach Zürich, wo er am Sonntag anlässlich der Management Symphony für Fredun Mazaheri einspringen wird.
In der Tonhalle Zürich wird er zum ersten Mal Medelssohns Klavierkonzert Nr. 1 g-Moll mit einem Orchester spielen. «Eine besondere Freude, dass Paavo Järvi dirigieren wird», sagt er. Seine Mutter, ebenfalls Pianistin, sei einmal in einem Konzert mit Paavos Vater Neeme Järvi eingesprungen, zudem habe er ihn mit Mendelssohn erstmals live erlebt. «Zu viele schöne Zufälle, um auch nur einen Moment zu zögern, dieses Konzert zu spielen».
Auf dem Sprung ist Anton Gerzenberg (1996) auch ganz nach oben: Er hat letztes Jahr in der Tonhalle Maag den internationalen Klavierwettbewerb der Géza Anda-Stiftung gewonnen. Kammermusikalisch ist er bereits mit Musiker*innen wie Martha Argerich aufgetreten.
Auch sein Bruder ist übrigens Pianist, die beiden sind regelmässig im Duo zu erleben. Der Vater ist Trompeter, eine Musikerfamilie, einen Plan B hat er keinen, seit er vier Jahre ist. Dies trotz Narbe am Finger und einem Unfall beim Handball mit 15 Jahren, der ihm einen zersplitterten Knochen einbrachte. Höchstens als Vulkanologe hätte er sich gesehen: Abgesehen vom Klavier hat ihn nämlich als Kind nichts so sehr gefesselt wie ein Dokumentarfilm über den Ätna-Ausbruch von 1999, den er sich in Ewigschlaufe habe anschauen wollen. «Dann wäre ich am Sonntag wohl in Indonesien oder Hawaii», sagt er. Stattdessen kommt er nun als musikalischer Vulkanologe in die Tonhalle Zürich.