©Tom Haller

David Zinmans Beethoven

Julia Becker und Thomas Grossenbacher spielen seit fast oder gar schon über einem Vierteljahrhundert im Tonhalle-Orchester Zürich.

In ihren Positionen als Konzertmeisterin und Solo-Cellist sind sie tonangebend und für den weltweiten Erfolg mitverantwortlich, den der ehemalige Chefdirigent David Zinman mit den Beethoven-Einspielungen erreicht hat. Nun kommen alle für ein reines Beethoven-Programm erneut zusammen. Julia Becker und Thomas Grossenbacher sind, zusammen mit Teo Gheorghiu, die Solisten im Tripelkonzert.

Woran liegt es eigentlich, dass Beethovens Musik so viele Menschen bewegt?
Julia Becker Beethoven ist ein Bindeglied zwischen Mozart und allem Romantischen, das folgte. Er hat eine ganz eigene musikalische Sprache entwickelt, und er spricht so vielfältige Aspekte an. Auf der einen Seite ist Beethovens Musik sehr gesanglich und expressiv und auf der anderen Seite auch bisweilen harsch. Meines Erachtens haben fast alle seine Kompositionen eine grosse Aussagekraft und sind Meilensteine der Musikgeschichte. Denken wir nur an «Fidelio» oder an seine 9. Sinfonie.

Können wir uns mit diesem Programm, dirigiert von David Zinman, auf eine Zeitreise freuen?
Julia Becker David Zinmans Beethoven-Interpretation empfanden einige Musikerkollegen zu Beginn unserer Zusammenarbeit als zu forsch und abgehackt. Ich stelle heute fest, dass ich mich oft nach David Zinmans modernem, schnellen Beethoven zurücksehne. Zugleich spricht mich Paavo Järvis Frische und Spontanität in seiner Beethoven-Interpretation genauso an. Mit Beethoven könne wir unter Paavo Järvi unsere Flexibilität trainieren und zeigen. David Zinman sagte in einem Interview im Oktober 2011, dass seine Herangehensweise an Beethoven nie «easy-listening» sei. «In meinen Interpretationen hört man Gewalt, Lärm, Wut. Aber es sind auch Frische und revolutionäre Aspekte zu hören.»
Thomas Grossenbacher Ja, genau das zeichnet Beethoven aus. Dem Genannten füge ich noch Witz hinzu. Zudem ist Beethovens Bandbreite an emotionalem Erleben so immens und so umfassend, wie ich das meines Erachtens bei kaum einem anderen Komponisten erleben kann. Alles, was zum Leben gehört, sehe, höre und fühle ich in Beethovens Musik. Als David Zinman im Sommer 2014 zum Abschluss seiner Zeit als Chefdirigent nochmals alle Beethoven-Sinfonien aufführte, sagte er, dass sie vielleicht die grösste Herausforderung für einen Musiker sind. «Sie sind beladen mit tonnenschwerer Interpretationsgeschichte. Es war ein Erlebnis, mit dem Tonhalle-Orchester Zürich zurückzugehen zu den authentischen Texten und die rasanten Tempi zu realisieren, die Beethoven sich vorgestellt hatte.» Julia, stimmst Du überein?
Julia Becker Wir waren damals zwar in der Probenarbeit und in den Konzerten durch die rasanten Tempi sehr beansprucht. Aber David Zinmans Ansatz war so modern, und das empfand ich als sehr anregend und motivierend. Für mich hat David Zinman Standards gesetzt.


Teo Gheorghiu

«Als Kind erlebte ich Beethovens Tripelkonzert zum ersten Mal live mit dem Tonhalle-Orchester Zürich. Ich erinnere mich immer noch, wie hingerissen ich war von dem ständigen musikalischen Dialog zwischen den drei Hauptprotagonisten und dem Orchester. Ich pflege gerne zu sagen, dass Kammermusik die einzige funktionierende Demokratie ist … Aber leider musste ich erfahren, dass das im zweiten Satz beim Tripelkonzert nicht der Fall ist – ich kriege die wunderschöne Hauptmelodie nicht ein einziges Mal zu spielen! Dafür kann ich dann Thomas Grossenbacher entspannt zuhören wie er höchst ausdrucksvoll diese Melodie einleitet. Das ich dieses einzigartige Stück zum ersten Mal mit David Zinman am Pult spielen darf, ist zudem ein Kindheitstraum, der wahr wird. Ich bin mit seiner Präsenz als Chef-Dirigent aufgewachsen, und ich kann es kaum erwarten, mit ihm und dem Tonhalle-Orchester Zürich zu musizieren.»

veröffentlicht: 26.06.2019

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